Der Einfluss von Algorithmen wächst zusehends. Welche Musik oder Videos uns bei Spotify oder YouTube vorgeschlagen werden, hängt stark davon ab, was wir aktuell und in der Vergangenheit gehört oder gesehen haben. Auf Basis dieses Verhaltens bewertet der im Hintergrund analysierende Algorithmus unseren Geschmack. Das führt dazu, dass wir uns als Nutzer und als Konsumenten zunehmend in sogenannten Filterblasen oder Filter Bubbles bewegen. Damit sind sowohl positive wie negative Aspekte verbunden. Einerseits können wir Content entdecken, der uns sehr wahrscheinlich interessiert. Andererseits werden uns bestimmte andere Inhalte vorenthalten.
„Google, wir haben ein Problem“
Algorithmen entscheiden auch darüber, was in unseren Feeds erscheint – das heißt auch, welche Anzeigen uns gezeigt werden. Sie sind darauf angelegt zu verstehen, was uns wahrscheinlich gefällt oder was uns auf Basis unserer bisherigen Entscheidungen gefallen könnte. Auch wenn Algorithmen dank Big Data und AI immer besser werden, herrscht vor allem ein Prinzip und das lautet stets: „Mehr des Gleichen“. Sogar Google gab kürzlich in einem Blog-Post zu, dass es gewisse Probleme mit der Suchfunktion gibt und es teilweise schwierig ist, seinen Nutzern objektive Suchergebnisse bereitzustellen. Das zeigt, auch die Art und Weise wie wir suchen, beeinflusst maßgeblich das Suchergebnis. Damit stellt sich eine wichtige Frage. Ist es nicht sinnvoll, die eigene Filterblase zum Platzen zu bringen oder sie zumindest zeitweise zu verlassen?
“#Filterblasen gehören zur Realität im Netz. Warum es sinnvoll ist, Filterblasen hin und wieder zum Platzen zu bringen…“
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Was sind Filterblasen und wie lassen sie sich beeinflussen
Begriff der Filterblase selbst stammt ursprünglich von Eli Pariser, einem Internetaktivisten. In seinem Buch The Filter Bubble: What The Internet Is Hiding From You spricht er einer „Einengung vorhandener Informationsspektren“. Nicht nur im Social Web, sondern auch bei Google und anderen Webseiten würden sich Algorithmen und andere Mittel zur Personalisierung der Customer Journey zu stark an der aktuellen Stimmung der Kunden ausrichten. Das das zum Teil gravierende Folgen haben kann, zeigen Experimente wie das einer einer Gruppe von Journalisten. Ihre Feeds wurden (in politischer Hinsicht) automatisch immer radikaler, je stärker sie anfingen, auf die vom Algorithmus vorgeschlagenen Anzeigen zu reagieren.
Digitale vs. analoge Filterblasen
Wer sich mit Filterblasen beschäftigt, kommt schnell zu der Frage, ob es sich dabei um ein rein digitales Phänomen handelt. Ich denke, dass es Filterblasen nicht nur in digitaler Form gibt, sondern auch im „echten“, analogen Leben. Wir lesen gemäß unserer Interessen, Werte und Haltungen bestimmte Zeitungen und Zeitschriften und gewinnen in der Auseinandersetzung damit unsere Meinungen. Auch dort erscheinen Anzeigen, die uns als Leser dieser Medien wahrscheinlich interessieren wird. Wir bewegen uns auch in bestimmten Stadtvierteln, in denen wir bestimmte Erfahrungen machen können, von denen wir vielleicht gelesen haben, oder wir besuchen bestimmte Orte, die uns in den von uns bevorzugten Medien empfohlen werden.
Was und wie wir es wahrnehmen und wie wir uns verhalten, lässt also auch in der analogen Welt ein gutes Stück weit als Filterblase beschreiben. Dennoch wurde das Phänomen erst konzeptualisiert, als es in der digitalen Welt beobachtet wurde. Warum ist das so? Ich denke, dass es einen entscheidenden Unterschied zwischen digitalen und analogen Filterblasen gibt. Im analogen Leben ist es sehr viel leichter und auch wahrscheinlicher, dass Filterblasen durchbrochen werden. Indem wir beispielsweise durch Zufall auf etwas stoßen, das nicht in unsere Blase passt und uns vielleicht sogar entgegen aller Erwartungen trotzdem interessiert, fasziniert oder zumindest beschäftigt. Diese Tendenz ist in der digitalen Welt weit weniger stark ausgeprägt und Filterblasen darum stärker ausgeprägt.
Filter Bubbles im Marketing
Auch im Bereich Marketing spielen Filter Bubbles eine wichtige Rolle. Auch hier entstehen Filterblasen, indem Algorithmen das Kauf- oder Klickverhalten von Nutzern analysieren und auf dieser Basis Anzeigen oder ähnliche Produkte anzeigen. Bei bestimmten Online-Marketing-Methoden wie dem Programmatic Advertising gibt es auf Publisher-Seite ebenfalls Filter, die darüber entscheiden, was dem Nutzer gezeigt wird. Filterblasen entstehen dann beispielsweise dadurch, dass der Preis für eine bestimmte Anzeigefläche vorab auf eine bestimmte Höhe festgelegt wird, oder durch „Invitation-Only-Auktionen“.
Filterblasen lassen sich stets von zwei Seiten her betrachten beziehungsweise beeinflussen. Einmal von der Seite der Kunden her, die Entscheidungen treffen. Die andere Seite ist die der Provider und Publisher, die bestimmte Auswahloptionen bereitstellen. Dabei entsteht ein entscheidender Vorteil für Marketer, wenn die Logik von Filter Bubbles immer wieder auch durchbrechen. Sie können einerseits ihren Kunden dadurch mehr Entscheidungsoptionen als zuvor anbieten. Darin liegt andererseits die Chance, die Kunden in ihrem Verhalten und ihren Bedürfnissen besser zu verstehen.
Warum es sinnvoll ist, die Filterblase zu verlassen
Ich denke, dass wir gerade eine Phase in der immer noch vergleichsweise jungen Entwicklung des digitalen Zeitalters erleben, in der das Bewusstsein für die Auswirkungen von Filterblasen entsteht. Dabei stellen wir vermehrt fest, dass wir Menschen, unser Geschmack, aber auch die Märkte, die Mode und die gesamte Welt nicht wie Filterblasen funktionieren. Sie sind vielmehr wechselhaft und Veränderungen ausgesetzt. Oft ist es gerade das Widersprüchliche, was den eigentlichen Reiz einer bestimmten Sache ausmacht. Menschen sind in vielen Fällen Gewohnheitstiere. Nichtsdestotrotz sind wir auch neugierig und offen für Neues. Darin erkenne ich einen wichtigen Grund, warum das Konzept der Filterblasen neu gedacht werden muss.
Die zwei Wege aus der Filterblase
Dabei gibt es zwei mögliche Wege, die aus der Filterblase herausführen und deren Potenzial bislang unterschätzt ist. Der eine ist der eben skizzierte, dass im Marketing verstärkt das Prinzip vom „mehr des Gleichen“ bewusst durchbrochen werden muss. Insbesondere durch den Einsatz von AI können Marketer noch viel über das Verhalten ihrer Kunden lernen. Der andere Weg führt direkt zum Kunden. Warum sollten Kunden nicht auch selbst darüber entscheiden können, was sie wirklich sehen möchten? Facebook ist eines der ersten Unternehmen, das seinen Kunden seit wenigen Wochen die Möglichkeit bietet, darüber zu entscheiden, aus welchem Bereich sie sich wirklich für Angebote interessieren. Ein mutiger und spannender Schritt, den ich für sehr vielversprechend halte. Ich bin überzeugt davon, solange Marketer die Vorteile klar kommunizieren, entscheiden sich viele Kunden dafür, immer wieder auch etwas Neues und Anderes zu entdecken.
Sie suchen einen Weg aus der Filterblase heraus?