Die jüngste Studie von Veritas, der „Global Databerg Report“, förderte zutage, dass nach wie vor die Hälfte der deutschen Unternehmen nicht für die DSGVO gerüstet ist. Und auch die etwas ältere Bitkom-Studie ergab, dass erst 13 Prozent der Unternehmen tatsächlich konkrete Maßnahmen eingeführt haben, um den neuen Anforderungen und Verpflichtungen gerecht zu werden (Stand: 09/2017). Die neue Datenschutzgrundverordnung wird voraussichtlich noch eine lange Zeit für Unmut sorgen – nicht nur angesichts der zum Teil horrenden Bußgelder, die im Rahmen des Gesetzes möglich sind. Auch aus Marketing-Perspektive stellen sich neue Fragen, denen sich noch viel zu wenig Unternehmen und Marketer stellen.
Die neue DSGVO aus Marketing-Perspektive
Zunächst lässt sich festhalten, dass die DSGVO zumindest den Versuch darstellt, die zum Teil aus den 1970er Jahren stammenden Datenschutzbestimmungen zu aktualisieren. Allerdings kennt auch die neue Datenschutzgrundverordnung essenzielle Vokabeln wie Big Data oder Internet of Things nicht. Darum wird auch sie der heutigen Realität des Marketing mit einer immer individueller verlaufenden Customer Journey und mobilen Geschäftsprozessen nicht gerecht. Aus Marketing-Perspektive lässt sich wenigstens festhalten, dass die DSGVO Rechtssicherheit hinsichtlich personalisierter Werbung schafft und diese als rechtmäßiges Interesse von Unternehmen erklärt.
Die DSGVO wird die Arbeit im Marketing aber auch erheblich erschweren. Personenbezogene Daten dürfen fortan nicht mehr ohne vorher genannten Zweck „auf Vorrat“ gespeichert werden. Die Grundidee eines Data Lakes wird damit infrage gestellt beziehungsweise machen ganz neue Data-Governance-Ansätze erforderlich. Eine wichtige Konsequenz für das Marketing lautet daher, den Kunden mehr als jemals zuvor einen echten Mehrwert zu bieten. Dies wird unter anderem deswegen notwendig sein, weil Kunden in Zukunft eine Einverständniserklärung geben müssen, damit ihre personenbezogenen Daten für bestimmte Zwecke verwendet werden dürfen.
Wie im Marketing den Kunden einen echten Mehrwert bieten kann
Für viele der neuen Herausforderungen wie einer Opt-out-Option oder dem Recht auf Löschung wird es sehr bald technische Lösungen geben. Auch im Zeitalter nach Inkrafttreten der DSGVO muss die oberste Devise im Marketing lauten, die Wünsche der Kunden bestmöglich zu verstehen und dauerhafte Bindungen zwischen Menschen und Marken herzustellen. Das bedeutet auch, den Kunden verstärkt zu erklären, was der konkrete Nutzen für sie ist, wenn sie sich bereit erklären, Unternehmen Daten über sich zur Verfügung zu stellen. Dabei sehe ich vor allem vier Möglichkeiten, um das Marketing in Zukunft attraktiver als jemals zuvor zu machen.
“Eines bleibt auch im Zeitalter nach der #DSGVO gleich: Der Kunde und seine Bindung zu Unternehmen steht im Zentrum des #Marketing.“
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1. Exclusive-Access- & Early-Adopter-Programme
Die Idee, Kunden etwas ganz Besonderes zu bieten, ist im Grunde einer der Kerngedanken im Marketing. Exclusive-Access-Programme stellen insofern nur eine Zuspitzung dieses Grundgedankens dar. Im Modebereich könnte dies beispielsweise eine Einladung zur Präsentation einer neue Kollektion sein. Exklusivität kann aber auch in Form von exklusiven Zugang zu Content stattfinden wie bei einem „Blick hinter die Kulissen“. Unternehmen eröffnen damit neue Interaktionsräume zwischen sich selbst und ihren Kunden. Dies kann beispielsweise gelingen, indem Kunden frühzeitig Zugang zu neuen Produkten oder Dienstleistungen erhalten. Die Folge: Sie werden zu einem Teil ihres „Lebensraums“ und verändern ihre Erlebnisse. Insbesondere Early Adopter, die exklusiv einbezogen werden können, spielen hier eine große Rolle und dienen zugleich als Kommunikatoren beziehungsweise als Markenbotschafter.
2. Vergünstigungen, Special Rates und Rabatte
Daten sind wertvoll. Insofern ist es nur folgerichtig im Gegenzug zur Zustimmung zur Datennutzung Vergünstigungen und Special Rates anzubieten. Beispielsweise Special Rates für Kids und Studenten sowie Familienrabatte und Ermäßigungen für Kunden mit begrenztem Budget.
Kundenbindungseffekte durch Vergünstigungen funktionieren aber im Prinzip in jedem Preissegment. Regelmäßig wiederkehrenden Kunden automatisch einen Rabatt zu gewähren ist insofern auch eine elegantere Möglichkeit zur Kundenbindung als gnadenlose Rabattschlachten. Bei letzteren geht es oft nur darum, Kunden zum Einmalkauf zu bewegen. Im Gegenzug für Vergünstigungen und Rabatte gestatten Kunden den Unternehmen, bestimmte Daten über sie weiter nutzen zu dürfen oder sie tracken zu dürfen, um ihnen beispielsweise umgebungsspezifische Angebote machen zu können.
3. Individualisierung & Customizing
Angefangen beim Customized Burger über individuelle Sonderausstattungen etwa im Auto bis hin zu im 3D-Drucker produzierten Spezialanfertigungen – Individuallösungen werden immer mehr zum Standard. Dies wird unter anderem durch die digitale Transformation der industriellen Fertigung beziehungsweise der Industrie 4.0 ermöglicht. In Zukunft heißt es: Mass Customization statt serieller Massenproduktion am Fließband. Der Umgang mit personalisierten Daten wird auch durch die Vernetzung der Produkte selbst immer mehr zum Normalfall. Das erfordert eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden bezüglich der Verarbeitung und Speicherung gerade von personenbezogenen Daten.
“Heute endet die #CustomerJourney nicht mehr mit dem Kauf eines Produkts. Sie fängt damit in vielen Fällen eigentlich erst an.“
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4. Interaktivität & aktives Einbeziehen der Kunden
Nicht erst bei der Individualisierung des eigenen Produkts können Unternehmen ihre Kunden in Zukunft stärker einbeziehen. Wie beispielsweise Dell mit seiner Ideastorm-Initiative beweist, können Kunden schon bei Produktentwicklung eine relevante Rolle spielen. Andere Unternehmen wie Microsoft mit seinem Developer Network integrieren ihre Kunden wiederum erfolgreich in den Kundendienst. Wieder andere Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter. Sie lassen ihre Kunden ganze Unternehmen oder Teile der Produktion durch Crowd Funding beziehungsweise Crowd Investing via Kickstarter finanzieren. Auch Communitys wie Mila, bei denen technisch versierte Personen anderen Kunden mit ihren neuen Produkten helfen, werden von immer mehr Unternehmen genutzt.
Mehrwert-Marketing statt Marketing als stumpfen Empfangskanal
Die Verwendung von personenbezogenen Daten stehen bei immer mehr Unternehmen im Zentrum ihrer Geschäftsmodelle. Angesichts der immer weiter voranschreitenden digitalen Transformation ist es absehbar, dass sich dieser Trend in Zukunft zunehmend verstärken wird. Dies sollte Unternehmen ein Anlass sein, um über Innovationen und Grundsätze im Marketing nachzudenken. Das Ziel muss sein, den Fokus auf die eigenen Stärken zu lenken.
Marketing ist so viel mehr als Werbeanzeigen, die im Schnitt in mehr als 50% der Fälle ohnehin nur weggeklickt werden. Hier gibt es viel Raum und auch die Notwendigkeit für neue, innovative Ideen. Insbesondere Programme und Maßnahmen zur Stärkung der Kundenbindung, zur Identifikation mit Marken und zur Erweiterung von Handlungsspielräumen zwischen Kunden und Unternehmen tragen in Zukunft zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit bei. Gleichzeitig bieten sie Kunden einen echten Mehrwert und verkörpern damit die Grundidee eines zukunftsfähigen Marketings.
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